zurück

Frauen Landespokal

FC Union Mühlhausen vs. F.F.C. Gera
4 : 5 n.V.

Ein Festival für Kardiologen

Denise Werner entscheidet unglaublichen Pokalkrimi

von Oliver Möckel
 Tina Gruschwitz (rechts) - Foto: Ralf Neumann weitere Bilder |>|

Für diesen Gegner muss sich die Verbandsliga richtig warm anziehen – Union Mühlhausen wird auf keinen Fall Schießbude und Punktelieferant sein, soviel steht fest. Mit ihrer Ballsicherheit, Schnelligkeit, Zähigkeit und blindem Verständnis zeigten sie dem vermeintlichen Favoriten F.F.C. Gera im Pokal-Viertelfinale, was nicht nur auf ihn, sondern auf die ganze Verbandsliga zurollt. Nach 30 Minuten lag der Thüringen-Meister 0:3 zurück und wusste teilweise gar nicht, wie ihm geschieht. In der Folge entspann sich ein umkämpftes Pokalmatch höchster Güte, an dem jeder Herzrhythmusstörungs-Spezialist seine helle Freude gehabt hätte.


Doch der Reihe nach…


Lisa-Marie Otto (1.) und Janine Bludau (3.) vergaben gleich zu Beginn Riesendinger für Grün-Schwarz; Torfrau Tschiesche entschärfte Lisa Ottos Schlenzer und Janine Bludau verzog zu unkonzentriert links. Mühlhausen nahm nun Fahrt auf und profitierte immer wieder von der anfänglichen Pomadigkeit des F.F.C. und der eigenen Schnelligkeit und Eingespieltheit. Einen dieser wieselflink vorgetragenen Angriffe konnte Denise Werner nur mit allerletzten Mitteln stoppen – und Schieri Schwethelm zeigte auf den Punkt. Christine Franz verwandelte den Foulstrafstoß nach 11 Minuten zur Führung für die „Eisernen".

Gera bekam nun zunehmend Probleme, der schnell und sicher vorgetragenen Spielweise der Mühlhäuserinnen zu folgen. Lisa Görtler (17.) und Paula Meyer (19.) fanden in Karo Heimer und der Querlatte ihre Meister, Hüterin Tschiesche entschärfte zuvor einen Seiler-Kracher (16.). Was sich dem Spielverlauf nach angedeutet hatte, passierte dann auch folgerichtig – die rot gekleideten Platzdamen enteilten durch Susanne Eichenberg (26.) und Susann Gaspar (30.) mit einem Doppelschlag auf 3:0 und hinterließen reichlich ratlose Gesichter auf Geraer Seite. Doch der Verbandsliga-Meister wäre nicht Meister geworden, hätte man sich nach Rückständen immer aufgegeben. Mit dem Willen, der Kraft und der Erfahrung aus unzähligen Landesklasse-, Verbandsliga- und Regionalliga-Spielen bogen die Schützlinge von Martina Klepsch die Partie um. Janine Bludau und Marie Preller zeigten ihre Extraklasse und stellten mit zwei feinen Treffern den Anschluss her. Marie Preller solierte sich in den Strafraum und legt quer zu Janine, die nur noch den Fuß hinzuhalten brauchte (32.); Marie Preller verwertete fünf Minuten später ein Herold-Zuspiel und schon war der Favorit wieder im Geschäft. Fast wäre vor der Pause der unermüdlich kämpfenden Janine Bludau gar noch der Ausgleich gelungen; die ganz stark haltende Schlussfrau der Unionerinnen bekam aber beim Bludau-Solo noch das Bein heraus und vereitelte den Hundertkaräter (41.).

Nach der Pause ...
... machten die Gäste Druck und spielten nun auf Sieg. Marie Preller traf in der 49. noch die Querlatte, ehe Janine Bludau das heißumjubelte 3:3 markierte. Katja Tschiesche war gegen den trockenen Schuss machtlos (58.) und es ging wieder bei Null los. Die Gastgeberinnen blieben aber jederzeit gefährlich, vor allem bei Standards, und hielten die Partie mit einem immensen Lauf- und Kraftaufwand völlig offen. Der F.F.C. gewann aber mit ablaufender Spielzeit die Oberhand, da man nun den Ball und damit den Gegner laufen ließ. Union kämpfte immer öfter mit Krämpfen und zollte so seinem Engagement Tribut. Janine Bludau war es vorbehalten, 20 Minuten vor Ultimo den vermeintlichen Siegtreffer zu erzielen. Marie Preller hatte weltklasseverdächtig durchgesteckt und Janine spitzelte den Ball im Fallen ins Netz zum 4:3 (70.).

Doch es sollte anders und viel bitterer kommen. Lisa Görtler beförderte das Spielobjekt zehn Minuten vor Ende der 90 Minuten unter Mithilfe von Karo Heimer ins Netz – 4:4, ihr Einsatz bitte, meine Herren Kardiologen!

Gera hätte sich das Nachsitzen aber noch ersparen können, wenn Marie Prellers Schuss in den fünf Minuten der Nachspielzeit nicht von der Torfrau zur Latte gelenkt worden wäre (90.+4) und der Schieri ein reguläres Tor (90.+5) gegeben hätte; der Ball war nämlich schon hinter der Linie, ehe er geklärt werden konnte. Videoauswertungen der Kameramänner vom Offenen Kanal ergaben dies. Doch dem Unparteiischen ist dabei kein Vorwurf zu machen, da er ohne Linienrichter derart knappe Ballpositionen nun wirklich nicht sehen kann.


Ab in die Verlängerung!

Die „Geraer Frau des Spieles" Janine Bludau hatte mit ihren bisher drei Treffern wohl alles Pulver verschossen und verzweifelte in der ersten und der neunten Minute der „Overtime" am Außenpfosten; erst traf sie ihn nach Preller-Ablage mit dem Fuß, dann nach Herold-Ecke per Kopf. Der alles entscheidende Ball passierte in der 103. Minute. Ein Herold-Freistoß segelt in den Sechzehner und findet keinen dankbaren Abnehmer; irgendwie rollt er auf links außen. Denise Werner sagt dort artig „Danke" und schlenzt die Kugel um das Strafraumgewühl herum in die lange Ecke – 5:4 und ein wahnsinniger Jubel in Grün-Schwarz!


In den verbleibenden 17 Minuten passierte nicht mehr viel, nur Marie Preller hatte noch einen: Sabrina Herold flankt und Marie hält mustergültig die Innenseite in die Flugbahn des Balles, schön anzusehen, aber leider knapp vorbei (109.).

Am Ende reichte es dann doch und der Favorit ist aus verschiedensten Gründen knapp an einer Vollblamage vorbei geschrammt. Zum einen scheint man den Gegner, zumindest am Anfang, unterschätzt zu haben. Zum anderen wies der FC Union seine Befähigung, in der höchsten Spielklasse Thüringens mithalten zu können, durch Willen, Spielfreude und Reife eindrucksvoll nach. Man kann dem Aufsteiger nur, nein, man muss ihm sogar zu seiner Leistung gratulieren. Dieses junge Team hat den F.F.C. mit einer couragierten und beherzten Partie in die Verlängerung gezwungen und gewisse Schwächen gnadenlos aufgezeigt.


Das 0:3 noch umzubiegen, zeugt aber auch von einer Riesenleistung der Gerschen, war der Gegner doch über weite Strecken fast ebenbürtig. Den Ausschlag zu Gunsten des F.F.C. gaben (wieder einmal) die größeren Kraftreserven, die mannschaftliche Geschlossenheit und die größere individuelle Klasse.


Jubel bei Kathrin Steppe - Janine Bludau hat getroffen - Foto: Ralf Neumann

 



Statistik zum Spiel:

Torfolge:
1:0 Christine Franz (11. - Foulelfmeter)
2:0 Susanne Eichenberg (26.)
3:0 Susann Gaspar (30.)
3:1 Janine Bludau (32.)
3:2 Marie Preller (37.)
-----------------------------------------------------------------
3:3 Janine Bludau (58.)
3:4 Janine Bludau (70.)
4:4 Lisa Görtler (80.)
-----------------------------------------------------------------
4:5 Denise Werner (103.)

FC Union Mühlhausen:
Tschiesche - Rittmeier, Groß (MK), Wichert, Göbel (55. T. Gaspar), Franz, Görtler (91. Fröbe), S. Gaspar, Eichenberg, Meyer (91. Steinbrecher), Fehringer

F.F.C. Gera:
Heimer - Otto (57. K. Steppe), Bludau, Friedrich (GK / 72. Gruschwitz), Werner (GK), Preller (GK / 114. Förster), Herold (MK), Seiler, Kremke, S. Steppe, Grabo (114. Nitschke)

Schiedsrichter: Ralf Schwethelm (Wingerode)

Zuschauer: ca. 60